
Fort Christiansværn ist eine ehemalige dänische Festungsanlage auf der Karibikinsel St. Croix. Fort Christiansværn wurde ab 1733 zunächst als einfache Schanze aus Erdwällen und Holz errichtet; an der gleichen Stelle befand sich bis zum Ende des 17. Jahrhunderts bereits eine kleine französische Siedlung mitsamt Forteresse, genannt Fort St. Jean. Bis 1749 erweiterten die Dänen „Christianswehr“ schließlich zu einer massiven Verteidigungsanlage mit vier Bastionen, rund 40 m langen Verteidigungswällen und einem offenen Geschützplateau zur Hafenfront. Die Mauern des Forts wurden zur südlich gelegenen Landseite hin von einem zweistöckigen Gebäude dominiert, das sich nach der gleichfalls ab 1733 entstehenden Siedlung Christiansted öffnete.
Fort Christiansværn und das Compagniequartier von Christiansted
Christiansted fungierte zwischen 1754 und 1871 als Hauptsiedlung Dänisch-Westindiens, den heutigen American Virgin Islands. Bis 1771 hatte der königliche Gouverneur der dänischen Plantageneilande seinen Sitz in der Festung Christiansværn. Das nach dem dänischen König Christian VI. (1699-1746) benannte Kastell war Teil eines kleinen Hafenquartiers. Es gehörte der 1671 gegründeten dänischen Westindien-Compagnie, einer privaten, mit königlichen Privilegien ausgestatteten Handelsgesellschaft und schloss sich nach Südwesten unmittelbar an das Fort an. Zu diesem Compagnie- und Hafenviertel gehörten bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Reparaturwerft, zwei compagnie-eigene Packhäuser sowie eine kleine lutherische Kirche; von dieser führte in den 1750er Jahren eine „Compagniets Gade“ genannte Gasse auf zwei kleine Marktplätze, um welche sich die Wohnbereiche der Siedlung gruppierten.
Dänemark erwirbt St. Croix von den Franzosen
Dänemark erwarb das rund 213 km² große St. Croix 1733 von der französischen Krone. Ihre Plantagen, Siedlungen und Befestigungsanlagen hatten die Franzosen schon 1695 aufgegeben. Ein Großteil der französischen Kolonisten war hierauf nach Saint-Domingue umgesiedelt. Bei Ankunft der Dänen lebten lediglich noch einige Squatter auf St. Croix. Diese meist englischstämmigen Frontiersiedler waren Teil karibikweiter Kolonisationsbewegungen ohne formelle Rechtstitel. Sie entstanden während des 17. und 18. Jahrhunderts häufig an den Peripherien etablierter Plantagenkolonien und im Randbereich letzter inselkaribischer Rückzugsgebiete.
St. Croix und die karibischen Großmächte des 17. Jahrunderts
St. Croix war bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zwischen den karibischen Großmächten der Epoche, England, Frankreich und den Niederlanden, hart umkämpft. Namentlich die Niederländer sannen mit einer Etablierung auf St. Croix darauf, ihre bereits bestehenden Plantagenkolonien auf Saba, Sint Eustatius und Sint Maarten stark zu erweitern und hierdurch zugleich, eine Verbindung nach ihren Stützpunkten auf den nördlichen Virgin Islands zu gewinnen. Um 1650 gelang den Niederländern zumindest zeitweilig, ein kleines Fort auf St. Croix zuerrichten. Es befand sich westlich des heutigen Christiansted am sogenannten Salt River.

Dänemark, die Westindien-Compagnie und die Virgin Islands
Bis in die 1660er Jahre war das Ringen um das karibische Frontiergebiet nahe der Spanischen Antillen jedoch weitgehend entschieden. ─ Der Wettlauf um St. Croix als einer der größten noch unbesetzten Antilleninseln war zuungunsten der Niederländer ausgegangen: Während Frankreich St. Croix unter seine Kontrolle bringen konnte, gelang es den Engländern, die Niederländer aus ihren Stützpunkten auf Tortola und St. Thomas zu vertreiben. Das hierbei insbesondere auf St. Thomas entstandene Machtvakuum nutzten seit den 1660er Jahren zunehmend unter dänischer Flagge segelnde Kaufleute. Zwischen 1670 und 1675 kam St. Thomas schließlich vollends unter dänischem Einfluss; bereits in den 1680er begannen zudem erste Kolonisationsversuche der Dänen auf dem benachbarten St. John. Das Inselgebiet der nördlichen Virgin Islands wurde nun rasch zum Zentrum des dänischen Westindienhandels.
Dänische Expansion nach St. Croix
Das nach 1733 erworbene St. Croix bildete den letzten Expansionsschritt der dänischen Westindien-Compagnie und sollte der Handelsgesellschaft vergrößerte Plantagenflächen und neue Absatzmärkte unter den sich auf St. Croix etablierenden Kolonisten erschließen. Zudem erhoffte sich die Gesellschaft, die sich bereits seit 1680 als „Vestindisk-guineiske Kompagni“ bezeichnete, weiteren Aufschwung für ihren Sklavenhandel zwischen Westafrika und der Karibik. Die wirtschaftliche Blütezeit von St. Croix begann jedoch erst ab 1754 mit der Übernahme der Handelskompanie durch die dänische Krone. Verbunden hiermit war zugleich die Öffnung des Westindienhandels für alle Untertanen des Königreiches, was eine besondere Dynamisierung der dänischen Handelsbeziehungen im Atlantikraum bewirkte.
Dänisch-Westindien und seiner größten Plantageninsel St. Croix bescherte diese Boomphase beträchtliche Gewinne. Dies galt meist auch für die periodischen Kriegsphasen in der Karibikregion, während welcher gerade St. Croix und St. Thomas als interkoloniale Stapel- und Handelsplätze von der Neutralität der dänischen Flagge profitieren konnten; etwa während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, der für die niederländische Konkurrenz auf Sint Eustatius ungleich desaströser verlief.


Die Sklaven von St. Croix
Wie auf den benachbarten Antilleninseln auch beruhte der Reichtum der Pflanzer und Händler auf St. Croix im Wesentlichen jedoch auf dem Ausbeutungssystem der karibischen Sklaverei. 1754, rund 20 Jahre nach der Etablierung der Dänen auf St. Croix, lebten bereits rund 7.500 afrikanischen Sklaven auf der Antilleninsel. Die meisten von ihnen kamen auf den weitläufigen Zuckerplantagen im Inselinneren von St. Croix zum Einsatz. Nicht wenige arbeiteten jedoch auch in den Kontoren, Magazinen und Werkstätten des größten Handelsplatzes der Antilleninsel, in Christiansted, wo in unmittelbarer Hafennähe auch regelmäßig Sklavenauktionen stattfanden.
Die Christiansted National Historic Site
Christiansteds Compagnie- und Hafenquartier wurde in dieser Konjunkturphase beständig ausgebaut. Die während dieser Epoche entstehenden Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäude bilden seit 1952 die denkmalgeschützte Christiansted National Historic Site. Zwei der bekanntesten Bauten aus dieser Zeit sind das sogenannte „Government House“, wo seit 1771 der Gouverneur von Dänisch-Westindiens amtierte, und die erwähnte lutherische Kirche von Christiansted, die 1794 einen Glockenturm erhielt und heute ein Museum beherbergt. Das Fort Christiansværn unmittelbar benachbarte Zollgebäude, das sogenannte „Danish Customs House“, stammt indes aus der Zeit zwischen den Napoleonischen Kriegen und der dänischen Abolition; gleiches gilt für die ummauerten Stallungen an der Nordostseite des Forts, die zwischen 1835 und 1840 entstanden.
Christiansted und Fort Christiansværn nach 1848
Ursprünglich zum Schutz vor Piratenangriffen, feindlichen Invasionen und Sklavenaufständen errichtet verlor Fort Christiansværn spätestens mit der Abschaffung der Sklaverei in Dänisch-Westindien 1848 weitgehend seine militärischen Funktionen. Doch erst ab 1878 ersetzte eine Abteilung kolonialdänischer Gendarmen die Militärgarnison in Fort Christiansværn, die seit den Napoleonischen Kriegen ohnedies nurmehr polizeiliche Aufgaben besessen hatte. Die seit 1917 im ehemaligen Dänisch-Westindien regierenden Amerikaner nutzten Fort Christiansværn bereits überwiegend für repräsentative Zwecke. Im Zeitalter der Panzerschiffe hatte „Christianswehr“ jeglichen militärischen Nutzwert längst verloren. Unweit der Festung errichtete die US-Marine stattdessen einen kleinen Musikpavillon für ihre „Virgin Islands Navy Band“; der einzigen Militäreinheit der US-Marine in jener Zeit, in welcher auch schwarze Bewohner der Amerikanischen Jungferninseln dienen durften.


Fort Christiansværn als Museum
Fort Christiansværn hat heute nurmehr museale und kulturelle Funktionen, zuletzt etwa während der Hundertjahrfeierlichkeiten zum Verkauf Dänisch-Westindiens an die Vereinigten Staaten im Jahre 1917. Neben den ehemaligen dänischen Forts in Frederiksted und Charlotte Amalie auf St. Thomas gehört Christiansværn zu den beliebtesten Touristenattraktionen auf den American Virgin Islands. Die verschiedenen Räumlichkeiten von Fort Christiansværn sind zu einem großen Teil frei zugänglich.
Neben den einstigen Quartieren der Soldaten, dem Pulvermagazin, dem Waffenarsenal und den verschiedenen Geschützstellungen können Besucher der Festung auch die ehemaligen Gefängniszellen und Verliese von Fort Christiansværn besichtigen. In diesen waren bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts auch immer wieder Sklaven inhaftiert, die auch auf den dänischen Jungferninseln einem rigiden Straf- und Überwachungsregiment unterlagen. Bereits geringste Zeichen von Widerstand konnten mit einem mehrtägigen Aufenthalt in einer dunklen, gerade einmal 2,75 m² großen Kerkerzelle geahndet werden.
