Bei Planierarbeiten auf dem Gelände einer ehemaligen Zuckerplantage in Cul de Sac, Sint Maarten, sind nach einem Bericht des „Daily Herald“ die sterblichen Überreste von sieben Personen entdeckt worden. Die als „Emilio Wilson Seven“ bezeichneten Skelette wurden bereits im Juli auf dem Areal des Emilio Wilson Estate aufgefunden, so die in Philipsburg erscheinende Tageszeitung am 19. August. Laut einer Analyse des gebietsansässigen Archäologen des niederländischen Königreichslandes Sint Maarten, Jay Haviser, sind die Skelette mutmaßlich europäischer Herkunft. Sie könnten aus der Zeit zwischen dem Ende des 18. und dem Beginn des 19. Jahrhunderts stammen, so der Leiter des St. Maarten Archaeological Center (SIMARC).
Hastig verscharrt: die „Emilio Wilson Seven“
Zwischen 1795 und 1816 stand die niederländische Kolonie Sint Maarten als Folge der Revolutions- und Koalitionskriege in Europa zeitweilig auch unter französischer und britischer Besatzung. Gegenüber dem „Daily Herald“ erklärte Haviser, die spezifische Auffindungssituation der Leichen in vier Erdlöchern, ohne Särge oder Grabsteine, könnte darauf hindeuten, dass es sich bei den „Emilio Wilson Seven“ um die Opfer einer Epidemie handelt; nach ihrem Tod wären sie demnach also hastig auch dem Plantagengelände verscharrt worden.
Erlebnispark am Sentry Hill, Sint Maarten
Auf dem Areal der einstigen Zuckerpflanzung am Sentry Hill entsteht seit 2015 ein Erlebnispark mit Sesselliften, Seilrutschen und einer Aussichtsplattform auf rund 350 Metern; von dieser sollen zahlungswillige Touristen künftig einen Rundumblick über Philipsburg und umliegende Nachbarinseln wie Sint Eustatius und Saba haben. Vor der Hurrikankatastrophe am 6. und 7. September 2017, als der Wirbelsturm „Irma“ über Sint Maarten hinwegfegte, war die Eröffnung des Rockland Estate Eco Park in Cul de Sac noch für Oktober/November 2017 geplant gewesen.
Emilio Wilson Museum
Teil des neuen Erlebnisparks ist auch das restaurierte Wohnhaus der Plantage aus dem 18. Jahrhundert. Es wird künftig ein Museum beherbergen, das sich in besondere Weise der Geschichte der Plantage zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert widmen soll. Die Betreiber des Rockland Estate Eco Park haben angekündigt, die noch näher zu klärenden historischen Kontexte der „Emilio Wilson Seven“ in die geplante Ausstellung des Emilio Wilson Museums integrieren zu wollen.
Emilio Wilson Plantation, Cul de Sac Valley
Die Emilio Wilson Plantation am Fuße des Sentry Hill gilt als letzte, vergleichsweise intakt gebliebene und unverbaute Plantagenstruktur auf Sint Maarten. Während des 17. Jahrhunderts wurde das Gebiet entlang des Cul de Sac Valleys erstmalig durch niederländische Kolonisten für den Anbau von Tabak und Indigo genutzt. Im 18. und 19. Jahrhundert entstanden hier meist von englischsprachigen Kreolen oder Briten betriebene Zucker- und Baumwollplantagen. Einer der bekanntesten Bewohner des Gebiets am Sentry Hill war der aus Schottland stammende Commandeur des niederländischen Inselteils von Sint Maarten John Philips. Philips, Gründer der Inselhauptstadt Philipsburg, hatte auf dem Gelände des heutigen Emilio Wilson Estates zeitweilig seinen Amtssitz. Er amtierte zwischen 1736/37 und 1746 als Gouverneur der Antilleninsel.
Sint Maartens Sklavereigeschichte
Das Landgut ist nach dem letzten Besitzer des Anwesens, Emilio Johan Wilson (1911-2002), benannt. Wilson war der direkte Nachfahre eines des Sklaven Trace Wilson, der 1818 auf der Pflanzung am Sentry Hill geboren wurde. Die Sklaverei wurde im niederländischen Gebietsteil von Sint Maarten erst 1863 abgeschafft. Emilio Johan Wilson wurde in der Dominikanischen Republik geboren, wo sich im Gefolge der Agrarkrise der Postemanzipationsphase viele ehemalige Sklaven und ihre Nachfahren von den Kleinen Antillen als Lohnarbeiter auf dominikanischen Zuckerpflanzungen verdingten.
Emilio Wilson, die Romondts und das Haus am Sentry Hill
Emilio Wilson kam bereits als Kleinkind nach Sint Maarten, von wo seine Mutter stammte, und diente Nachfahren der einflussreichen Unternehmerfamilie der Romondts für 25 Jahre als Hausmeister und Wächter über deren brachliegendes Anwesen am Sentry Hill. Die Plantage war Ende des 19. Jahrhunderts in den Besitz der Romondts gekommen. 1954, nur wenige Jahre vor dem Beginn des karibischen Tourismusbooms auf Sint Maarten, kaufte Emilio Wilson das Landgut schließlich für 25.000 Gulden.
Kurz vor seinem Tod verpachtete Wilson ein kleinen Teil seines Grundstücks an die Emilio Wilson Cultural and Historical Park Foundation, die aus dem Areal ein Natur- und Geschichtspark machen wollte. Die Stiftung sieht sich sich in besonderer Weise dem sklavereigeschichtlichen Erbe Sint Maartens verpflichtet und kritisiert die fortgesetzte bauliche Verdichtung der Antilleninsel. Das über 40 ha große Emilio Wilson Estate wurde 2015 von den Erben Emilio Wilsons für 17 Millionen US-Dollar an die Regierung von Sint Maarten verkauft; diese verpachtete das Areal schließlich an die Betreiber des künftigen „Rockland Estate Eco Park“.