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Guadeloupe wird assoziiertes Mitglied der OECS

Symbolbild: Inoffizielle Flagge der französischen Überseeregion Guadeloupe; Material: ©believeinme33/123RF.COM

Die französische Überseeregion Guadeloupe ist seit dieser Woche assoziiertes Mitglied der Organisation Ostkaribischer Staaten (OECS). Das Beitrittsabkommen wurde am 14. März auf dem Guadeloupe-Campus der Université des Antilles et de la Guyane in Saint-Claude unterzeichnet. Das Aufnahmezeremoniell fand im Rahmen einer Sondertagung der OECS-Regierungschefs auf der französischen Antilleninsel statt. Dem feierlichen Akt auf dem Campus der Université des Antilles folgte eine internationale Pressekonferenz im Mémorial ACTe in Pointe-à-Pitre. Das Mémorial ACTe ist eine sklavereigeschichtliche Forschungs- und Gedenkstätte auf dem Gelände einer ehemaligen Zuckerfabrik im Zentrum von Guadeloupe. Das Museum wurde 2015 in Anwesenheit westafrikanischer und karibischer Staatsoberhäupter durch den damaligen französischen Staatspräsidenten François Hollande eröffnet.

Guadeloupe und Martinique in der OECS

Guadeloupe ist nach Martinique das zweite französische Überseedepartement, das sich dem karibischen Staatenbündnis anschließt. Die französische Karibikinsel Martinique hatte sich bereits 2015 der Organisation Ostkaribischer Staaten assoziiert. Dem 1981 in Basseterre auf St. Kitts gegründeten Antillenbund gehören als Vollmitglieder derzeit sechs karibische Inselstaaten sowie das britische Überseeterritorium Montserrat an; die vier assoziierten Mitglieder der OECS sind neben Martinique und Guadeloupe die britischen Überseegebiete Anguilla sowie der britische Teil der Virgin Islands.

Status assoziierter OECS-Mitglieder

Lediglich Vollmitglieder der Antillengemeinschaft können durch die OECS-Auslandsrepräsentanzen auch diplomatisch vertreten werden und den Vorsitz im höchsten politischen Entscheidungsgremium der OECS übernehmen. Als EU-Territorien gelten für Martinique und Guadeloupe zudem Einschränkungen bei der Integration in die geplante ostkaribische Wirtschaftsunion sowie in den gemeinsamen OECS-Währungsraum des Ostkaribischen Dollars. Dessen ungeachtet haben in den letzten Jahren weitere Staaten und Gebietskörperschaften der Karibikregion um Aufnahme in die OECS nachgesucht; darunter etwa das niederländische Königreichsland Sint Maarten sowie die niederländische Überseegemeinde Saba. Gegenwärtig leben rund 1,4 Millionen Menschen in den Mitgliedstaaten der OECS.

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Das Antillen-Kreolisch in der Ostkaribik und seine historischen Wurzeln

Die ab 2016 intensivierten Assoziationsbemühungen Guadeloupes waren in den vergangenen Jahren vor allem auch von Guadeloupes südlichen Nachbarn unterstützt worden. Die Bevölkerung der Antilleninseln Guadeloupe, Dominica, Martinique und St. Lucia spricht vielfach auch heute noch das französischbasierte Antillen-Kreolisch „Patwa“ im Alltag. Die Inseln bilden das Kerngebiet dieser karibikweit mehr als eine Million Sprecher zählenden Kreolsprache.

Die Eilande verfügen über vielfältige historische und kulturelle Verbindungen aus der Zeit der französischen Westindiencompagnien und der klassischen Zeit der westeuropäischen Zuckeraristokratien in der Karibik. Durch Migrationsbewegungen und Verdrängungsprozesse gegenüber den indigenen Bewohnern der Kleinen Antillen verbreitete sich das französische Pidigin durch franko-kreolische Pflanzer und ihre afrikanischen Sklaven während des 17. und 18. Jahrhunderts sogar bis nach Grenada. Im Gefolge der karibischen Hegemonialkriege des langen 18. Jahrhunderts gerieten die meisten dieser Inseln jedoch allmählich unter britische Herrschaft.

Guadeloupe will sich künftig im Rahmen der OECS-Diversitätspolitik der Förderung des Französischen und des sogenannten „Créole Antillais“ innerhalb der Organisation widmen, wie es in einem Kommuniqué des Regionalrates zum OECS-Beitritt Guadeloupes heißt.

Organisationsgeschichtliche Ursprünge der OECS

Ihrem historischen Ursprung nach ist die OECS ein postkolonialer Zusammenschluss der englischsprachigen Ostkaribik. Die organisationsgeschichtlichen Wurzeln der Organisation liegen in einem 1967 errichteten Bündnis britischer Überseeterritorien der Kleinen Antillen, den sogenannten „Westindischen Assoziierten Staaten“. Das ostkaribische Wirtschafts- und Entwicklungsbündnis erhielt sich auch nach der vollständigen Unabhängigkeit eines Großteils dieser Inselgebiete zwischen 1974 und 1983 und kulminierte 1981 in der erwähnten Gründung der Organisation Ostkaribischer Staaten in Basseterre.

Die OECS ist die zweite wichtige Vergemeinschaftungsinitiative der Karibik, neben der ab 1965 entstandenen Wirtschaftsorganisation CARICOM/Karibische Gemeinschaft; der Karibischen Gemeinschaft (CC) gehören jedoch auch die größeren ehemaligen Insel- und Festlandkolonien des historischen Britisch-Westindien an: Belize, Guyana und Jamaika.

Guadeloupes künftige Rolle in der karibischen Regionalentwicklung

Seit 2010 ist die Entwicklung der OECS stärker denn je auf die Errichtung eines gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraums sowie einer Passunion nach dem Vorbild der EU gerichtet. Neben der Schaffung eines steuerharmonisierten Binnenmarktes in der östlichen Karibik ist das Bestreben der OECS ferner auf die Etablierung gemeinsamer politischer und sozialer Institutionen gerichtet.

Als assoziiertes Mitglied will sich Guadeloupe in verschiedenen Bereichen der regionalen Zusammenarbeit engagieren: Neben der Förderung des Handels und einer verstärkten Kooperation im Bereich Infrastruktur, Luftverkehr und Katastrophenschutz betrifft dies insbesondere den für die Karibik bedeutsamen Bereich der Telemedizin. Die französische Überseeregion gilt mit ihrem dichten Netz an Forschungseinrichtungen und Laboratorien in diesem Segment als besonders ressourcenstark.

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