Start Archäologie Die Schatzgaleone NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL

Die Schatzgaleone NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL

Im Golf von Campeche vor der mexikanischen Küste: Bereits 2012 suchten Wissenschaftler der Unterwasserarchäologischen Abteilung des „Instituto Nacional de Antropologia e Historia“ (SAS-INAH) nach dem Wrack der spanischen Schatzgaleone NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL; Foto: SAS-INAH

Ein Team mexikanisch-spanischer Wissenschaftler will in diesem Jahr die Suche nach der Schatzgaleone NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL fortsetzen. Dies haben Vertreter des spanischen Kultusministeriums und des mexikanischen „Instituto Nacional de Antropologia e Historia“ (INAH) Anfang Februar in Madrid vereinbart.

NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL: Forschungsexpedition 2020

Das Wrack der NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL wird vor der mexikanischen Küste im Golf von Campeche vermutet. 2012 hatten dort Wissenschaftler an Bord des mexikanischen Forschungsschiffes JUSTO SIERRA elektromagnetische Anomalien entdeckt, die auf Kanonen oder andere metallische Schiffsteile hindeuten könnten. Eine für Frühjahr oder Sommer 2020 geplante Forschungsexpedition soll hierüber nun näher Aufschluss geben. Die Expedition vor der Halbinsel Yucatán wird voraussichtlich zehn Tage dauern, heißt es in einem Pressebulletin des in Ciudad de México ansässigen INAH.

Von Veracruz nach Havanna: Die NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL

Als Führungsschiff der Neuspanienflotte befand sich die NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL im Herbst 1631 auf dem Weg von Veracruz nach Havanna, einem wichtigen Rendezvous- und Versorgungspunkt spanischer Handels- und Konvoischiffe vor ihrer Rückfahrt nach Spanien. An Bord des Anfang der 1620er Jahre im Baskenland erbauten Indienfahrers: beträchtliche Mengen Barschaft und mexikanische Silberbarren aus dem Besitz iberischer Kaufleute und der Krone; darüber hinaus füllten kostbare Handelsgüter wie Schokolade, Seide, Leder sowier das in Europa begehrte Färbemittel Indigo (añil) die Laderäume der Galeone. Etwa 300 Passagiere und Besatzungsmitglieder befanden sich seinerzeit an Bord des Schiffes.

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Bereits im Oktober 1630 war die NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL aus Cádiz kommend in Veracruz eingetroffen; lag dann aber ein ganzes Jahr auf Reede. Probleme bei der Anheuerung neuer Seeleute, der Lieferung von Handelswaren sowie eine dringend notwendige Überholung des Schiffes hatten die Ausfahrt der Galeone bis in die karibische Hurrikansaison hinein verzögert.

Niederländische Westindien-Compagnie: Angriff auf Ibero-Amerika

Im Bereich der Karibischen See und des Atlantiks drohten im Herbst 1631 jedoch nicht allein tropische Wirbelstürme, sondern vor allem Kaperschiffe. Nur rund drei Jahre zuvor war es dem niederländischen Freibeuterkapitän Piet Heyn gelungen, vor der kubanischen Küste einen großen Teil der alljährlichen spanischen Silberflotte zu erobern. Die Gewinne aus dem spektakulären Raubzug von Matanzas investierte Heyns Auftraggeber, die niederländische Westindien-Compagnie, ab 1630 in einen massiven Angriff auf die nordostbrasilianische Zuckerkapitanie Pernambuco. Die hierbei annektierten Hafenplätze bedrohten nun auch den gesamten Südatlantik und die westafrikanischen Sklavendepots der Portugiesen.

Überdies hatten sich noch im Sommer 1631 die niederländische Westindien-Compagnie auf Sint Maarten festsetzen können. Das kleinantillianische Inselgebiet beiderseits der Anegada-Passage fungierte bereits seit Beginn des 17. Jahrhunderts als klandestine Operationsbasis für nordwesteuropäische Kaperzüge und Interloper in Spanisch-Amerika — von den Großen Antillen bis an die Küsten Kubas und Mexikos.

Die Blutholzbäume von Campeche

Dort, im Bereich der Küsten Yucatáns und Campeches sowie entlang der Gestade zwischen dem heutigen Nicaragua und Belize, lockte nicht allein der illegale Handel mit indigenen Stämmen und hispanischen Kolonisten; auch das berühmte Campecheholz, einem weiteren, in der Alten Welt begehrten Färbemittel, zog nordwesteuropäische Schiffer und Schleichfahrer immer wieder an den westlichen Rand der Karibischen See. — Noch im 18. Jahrhundert versuchten Monopolbrecher aus den Hafenmetropolen beiderseits des Ärmelkanals, in den Besitz dieser auch als „Blut-„ oder „Blauholzbäume“ bezeichneten Gewächse zu gelangen, wie ein interessanter Wrackfund vor der Nordküste Yucatáns erst 2018 erwies. — Trafen jene Kaperkaufleute und Holzfäller sodann auf spanische Schiffe oder Proviantierungstrupps, kam es unweigerlich zum Kampf.

NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL, 1631: Konvoi ins Verderben

Vor dem Hintergrund dieser karibikweiten Bedrohungslagen im Herbst 1631 plante die NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL folglich im Konvoi auszusegeln; was jedoch nur für weitere Verzögerungen sorgte. Mitte Oktober 1631 erst konnte ein schwer beladener Geleitzug aus 13 Schiffen endlich in See stechen. Doch bereits nach wenigen Tagen geriet der Konvoi in die Ausläufer eines schweren Sturms. — An Bord der NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL, dem Führungsschiff des Geleitzuges, drang zudem Wasser ein; die Reparaturarbeiten im Hafen von Veracruz waren offenbar nur mangelhaft durchgeführt worden. Tag und nach Nacht lenzten nun weite Teile der Mannschaft gegen das eindringende Leckwasser. Durch die stürmische See und die Überladung des Schiffes war die NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL alsbald immer schwerer, zu steuern. An Bord machte sich Panik breit.

Kaufmannskapital, Krongelder und Edelmetall

Nachdem schließlich auch der Hauptmast gekappt werden musste, wurde die Galeone mitsamt ihrer erschöpften Mannschaft vollends manövrierunfähig und versank wenig später — inmitten des Golfes von Campeche. Mit ihr fuhren auf den Meeresgrund etwa 260 Menschen sowie ein riesiger Schatz an Kaufmannskapital, Krongeldern und Edelmetall. Vier weitere Schiffe aus dem Konvoi aus Veracruz gingen ebenfalls vor der mexikanischen Küste unter. Die wenigen Überlebenden der NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL indes retteten sich unter dramatischen Umständen auf ein kleines Begleitboot. Zurück in Spanien wurde ein Teil der mit dem Leben davongekommenen Besatzungsmitglieder schließlich angeklagt, vom Vorwurf der Meuterei jedoch alsbald freigesprochen.

Gemeinsames maritimes Erbe im Golf von Campeche

Aufgrund der umfangreichen Prozessakten sind somit die Fahrtroute der Galeone, die Ereignisse an Bord und die mögliche Lage des Schiffswracks im Golf von Campeche relativ gut rekonstruierbar. Sollte das Wrack der NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL in diesem Jahr tatsächlich gefunden werden, so sind ihre Überreste formalrechtlich zwar Eigentum des spanischen Staates; durch ein 2014 unterzeichnetes Memorandum beabsichtigen Mexiko und Spanien jedoch, das gemeinsame maritime Erbe auf dem Grund der Bahía de Campeche auch gemeinschaftlich zu erforschen und zu bewahren, wie es von offizieller Seite heißt.

Die Jagd nach den Goldmünzenfeldern auf dem Meeresgrund

Die 2014 geschlossene Vereinbarung ist insbesondere vor dem Hintergrund jahrelanger Auseinandersetzungen beider Länder mit Schatztauchern und Explorationsunternehmen in der Karibischen See sowie vor den iberischen Küsten zu sehen. Auch die NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL war in den vergangenen Jahren immer wieder im Fokus amerikanischer Schatzsucher. Erst 2009 musste die Regierung Mexikos rechtliche Versuche eines US-amerikanischen Unternehmens abwehren, den Schatz dieser legendären spanischen Galeone zu bergen. Das weltweite Geschäft mit kolonialspanischen Goldmünzenfeldern auf dem Meeresgrund ist nur allzu verlockend für derlei umstrittene Projekte. Allein die Smaragde, Münz- und Edelmetallfunde im Zusammenhang mit einem weiteren kolonialspanischem Wrack in der Karibik, der NUESTRA SEÑORA DE ATOCH, hatten einen Gesamtwert von rund 400 Mio. US-Dollar.

Ausstellung zur Geschichte der NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL geplant

Neben Plänen für eine neue Suchexpedition vereinbarten Mexiko und Spanien bei ihrem Treffen im Februar, ihre wissenschaftliche Zusammenarbeit weiter zu verstärken. Hierzu zählt auch, eine Ausstellung zur Geschichte der NUESTRA SEÑORA DEL JUNCAL zu entwickeln. Stationen der geplanten Schau werden zunächst das Indienarchiv in Sevilla sowie gegebenenfalls auch das mexikanische Kulturinstitut in Madrid, die Casa de México, sein. Anschließend soll die Ausstellung von der iberischen Halbinsel nach Mexiko kommen.

Kongress zur Geschichte der „Manila-Galeonen“

Darüber hinaus verabredeten Vertreter beider Länder, im Oktober oder November in Acapulco einen internationalen Kongress zur Geschichte der sogenannten „Manila-Galeonen“ abzuhalten. Die auch als „Nao de China“ bezeichneten Schiffe verkehrten ab dem 16. Jahrhundert zwischen der spanisch-amerikanischen Pazifikküste und den Besitzungen der Kastilier auf den Philippinen. — Gleichsam als pazifisches Gegenstück der amerikanischen „Flota de Indias“.

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