Im Jahre 1562 stoßen französische Kundschafter im Küstengrenzgebiet der heutigen US-Bundesstaaten Georgia und Florida auf die indigenen Mocama, Sprecher eines Dialekts der Timucua-Sprachgruppe. Die Siedler, als Teil anglo-französischer Dissidenten- und Kapernetzwerke, beschreiben späterhin zwei Häuptlingstümer der Mocama in den Küstenzonen und Binnenflussarealen der Region: Saturiwa und Tacatacuru. Bildliche Darstellungen dieser indigenen Gemeinschaften fertigt der Diepper Expeditionsmaler Jacques Le Moyne de Morgues an. Sie werden in den folgenden Jahrzehnten vornehmlich durch die Publikationen des Frankfurter Druckers Theodor de Bry bekannt.
Spanischer Widerstand
Zwischen Franzosen und Mocama kommt es vorübergehend zu einem Bündnis; in der Folge unterstützen die Indigenen etwa den Bau einer französischen Befestigung im Gebiet um das heutige Jacksonville, genannt „Fort Caroline“. So liefern die Indigenen etwa Baumaterial nach Fort Caroline. Massiver spanischer Widerstand gegen eine dauerhafte französisch-protestantische Präsenz nahe spanischen Schifffahrtswegen und Besitzungen beenden das Siedlungsexperiment 1565 jedoch wieder. Die bis in die Frühphase der kontinentalamerikanischen Expansion zurückreichenden Ansprüche der Kastilier auf Gebiete südöstlich des Mississippi werden nun entschiedener gefestigt. Ältere Erwartungen an die Conquista neuer Goldländer im Norden erfüllen sich spanischerseits jedoch nie.
Spanisch-Florida: Missionsdörfer und Presidios
Aus dem vermeidlichen neuen Expansionsraum entsteht so bloß mehr eine Pufferzone — als Teil des Generalkapitanats Kuba respektive des Vizekönigreichs Neuspanien. Bis in das 18. Jahrhundert hinein kann sich diese Peripheriezone unter dem Namen „La Florida“ auch gegen erneute englische und französische Prätentionen halten. Diplomatisch-missiologisch abgesichert wird das riesige Territorium alsbald durch ein Netz von Visitas, indigenen Dörfer und Gemeinschaften in geistlicher Betreuung durch katholische Missionsorden, sowie durch die Anlage von Presidios, kleinen spanischen Grenzforts; ab 1565 etwa in der Hauptsiedlung St. Augustine sowie zwischenzeitlich auch in der Estero Bay, an Floridas Golfküste, mit dem Presidio San Antón de Carlos (1566-1569). Die Spaniarden können mit dieser Generalstrategie zeitweilig sogar bis in das Gebiet der Appalachen vordringen.
Missionsprovinz der Mocama im Nordosten Floridas
Das Siedlungsgebiet der Mocama indes wird einer eigenen kolonialspanischen Missionsprovinz inkorporiert, die drei Missionen umfasst, darunter eine 1587 von Franziskanermönchen gestiftete „Doctrina“ (Mission) im Zentrum des Häutplingstums der Saturiwa um den St. Johns River. Die San Juan del Puerto genannte Mission nahe dem heutigen Jacksonville wird zur Wirkungsstätte des Franziskanermönchs Francisco Pareja (um 1570-1628). Pareja war bereits 1595 nach Florida entsandt worden, während einer Hochphase spanischer Missionsgründungen im Südosten des nordamerikanischen Kontinents. 1612 lässt er einen katholischen Katechismus für die Indigenen auf Timucua drucken.
Visita: die indigene Siedlung Sarabay
Zur sogenannten „Mocama-Provinz“ gehört auch die indigene Siedlung Sarabay, eine der Visitas des Franziskanermönchs, die Pareja von San Juan del Puerto aus per Boot bedient. Archäologen der Universität von Nord-Florida (UNF), Jacksonville, das sogenannte UNF Archaeology Lab unter der Leitung von Keith Ashley, wollen das einstige Dorf der Mocama nun auf Big Talbot Island entdeckt haben, einer küstennahen Insel nordöstlich von Jacksonville.
Armellino: Keramikfunde und Hausabfälle in Mocama-Siedlung
Erste archäologische Sondierungen in der als „Armellino“ bezeichneten Zone reichen bis in die späten 1960er-Jahre zurück, größere Grabungsaktionen beginnen jedoch erst Ende der 1990er-Jahre. Bereits seit Längerem wurde darüber spekuliert, dass es sich bei der indigenen Fundstätte auf Big Talbot Island um die einstige Mocama-Siedlung Sarabay handeln müsse. Zahlreiche neue Funde während der diesjährigen Feldkampagne scheinen diese Vermutungen nun zu bestätigen: So förderten die US-Archäologen Keramiken kolonialspanischer und indigener Provenienz zutage; wobei Letztere nun eindeutiger den Mocama zugeordnet werden können; desgleichen fanden sich spezifische Knochen-, Stein- und Muschelreste in den Hausabfällen dieser einstigen Sammler-Jäger-Fischer-Gemeinschaft. Darüber hinaus stimmt die Lage der Ansiedlung mit Hinweisen in kolonialzeitlichen Landkarten überein. Die Forscher und Forscherinnen der UNF sind sich nun relativ sicher, die Fundstätte als Sarabay identifizieren zu können.
Verbindungen zwischen der Mocama-Provinz und St. Augustine
Die Wohnstätte der Mocama wird von den US-Wissenschaftlern auf die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert datiert und liegt in einem sumpfigen Barriereninselsystem nahe dem Atlantik. Das Gebiet steht heute teils unter Naturschutz. In kolonialspanischer Zeit war die Gezeitenmarschlandschaft mit ihren Visitas und Missionen vermutlich über ein Netz von Binnenflüssen mit der Zentralsiedlung der Spanier im weiter südlich gelegenen St. Augustine verbunden.
Weitere Grabungen im Rahmen des „Mocama-Archäologieprojekt“
Das Archäologenteam konnte auf Big Talbot Island bereits größere Grabungsblöcke freilegen und erhofft sich nun letzte Gewissheit hinsichtlich der Identität Sarabays; etwa durch das Auffinden spezifischer Wohnplatzstrukturen und gemeinschaftlich genutzter Areale. Weitere Grabungen an der „Armellino site“ sind für die kommenden zwei Jahre geplant. Die Grabungskampagnen im Süden von Big Talbot Island sind Teil des sogenannten „Mocama-Archäologieprojekts“ der UNF. Das Projekt ist insbesondere auf die Suche nach ehemaligen Siedlungen der Timucua-Sprecher im Nordosten Floridas konzentriert.
Eine Flucht- und Kolonialgemeinschaft im östlichen Florida
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts könnte sich das Siedlungsgebiet der Timucua-Sprachgemeinschaft als Ganzes über rund 50.000 km² erstreckt haben. Mit der Ankunft der Europäer in La Florida und wenig später im Mittelatlantikraum geraten die Kulturen der Timucua und anderer indigener Gemeinschaften südöstlich des Mississippi allmählich in Bedrängnis. Epidemien, tribale Konflikte und nicht zuletzt die Folgewirkungen der Christianisierung verändern die kulturräumliche, sprachliche und politische Struktur des Küstengebietes bereits frühzeitig. Ab dem ausgehenden 17. Jahrhundert treten massive Bedrängnisse durch englische Siedler, Piraten und Sklavenjäger hinzu. Letzte Nachfahren der mutmaßlichen Mocama-Siedlung Sarabay könnten das Küstengebiet möglicherweise 1763 verlassen haben. Seinerzeit traten die Spanier „La Florida“ an Großbritannien ab und siedelten die unter ihrer Herrschaft stehende Bevölkerung Ost-Floridas, in und um St. Augustine, kurzerhand nach Kuba aus. Die Mission in San Juan del Puerto indes wurde bereits rund 60 Jahre zuvor im Gefolge englischer Raubzüge aus dem Norden aufgegeben.
Das Ende von Spanisch-Florida
St. Augustines Bevölkerung bildet zu diesem Zeitpunkt eine amalgamierte Flucht- und Kolonialgemeinschaft aus afrikanischstämmigen Sklaven und ehemals Versklavten, aus vertriebenen und christianisierten Indigenen sowie aus einer schmalen Schicht hispanisch-kreolischer Viehzüchter. Nach einer kurzen Phase britischer Oberhoheit bis 1785, die durch Britanniens Niederlage im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges geopolitisch obsolet geworden ist, gelangt das Territorium erneut unter spanische Kontrolle, wird 1821 jedoch endgültig an die Vereinigten Staaten abgetreten.