Zwar eröffnet König Willem-Alexander seinerzeit noch höchstselbst die große Sklavereiausstellung im Amsterdamer Rijksmuseum. Doch pandemiebedingt startet die kolonialgeschichtliche Sonderausstellung im Mai 2021 bereits mit mehrmonatiger Verspätung. In der Folge unterliegt sie notwendig auch weitreichenden Besucherrestriktionen. 80.000 Menschen finden schließlich Einlass in das museale Memorial im 400. Jahr der Gründung der berüchtigten „Westindien-Compagnie“ (WIC). Nach rund zehn Wochen, zum 29. August 2021, muss die kurzweg „Slavernij“ genannte Ausstellung auch wieder schließen. Ungleich mehr Aufmerksamkeit erfährt hingegen die Digitalversion der sklavereigeschichtlichen Sonderausstellung. Etwa 3,5 Millionen Webbesucher haben bis heute die niederländisch-englische Bild-und-Ton-Fassung von „Slavernij“ frequentiert.
„Slavery. Ten True Stories of Dutch Colonial Slavery“ ― Ausstellung in New York
Nun kommt die Exposition zur niederländischen Sklavereigeschichte zwischen Ost- und Westindien, Indik und Atlantik, ― nach New York; ins Hauptquartier der Vereinten Nationen (VN) am East River. Der weitläufige Entreebereich des Sekretariatshochhauses, die sogenannte „Besucherlobby“, ist bereits seit vielen Jahren etablierte Ausstellungsstätte einer Globalgeschichte der Versklavungen. Zuletzt etwa in einer kompakten Exposition zur Geschichte des Rassismus ― in Zusammenarbeit mit dem Pariser „Muséum national d’Histoire naturelle“. Für die VN-Zentrale in Manhattan wurde „Slavernij“ jedoch als objektreduzierte Sonderschau konzipiert. Titel der New Yorker Version: „Slavery. Ten True Stories of Dutch Colonial Slavery“.
Sklavereigeschichtliche Lebensläufe
Damit konnte das vielgelobte biografiezentrierte Grundkonzept der Amsterdamer Ausstellung trotz Raumbeschänkung für Manhattan erhalten bleiben: die Lebensläufe von zehn Personen, die auf je unterschiedliche Weise mit dem Gewaltsystem der niederländischen Sklaverei verbunden waren, in jenes hineingezwungen wurden, gegen es rebellierten oder von ihm unmittelbar profitierten. ― Versklavte und Versklaver in den niederländisch-kontrollierten Plantagenkomplexen und Handelsnetzwerken der Karibik, Brasiliens und Indonesiens.
„Tronco“: Fixierung und Ankettung Versklavter
Für die New Yorker Ausstellungsversion wurden diese Lebensgeschichten jedoch nicht wie in Amsterdam eigenen Exhibitionsräumen zugewiesen; vielmehr sind sie um ein zentrales Ausstellungsstück der Slavernij-Exposition von 2021 gruppiert: Einem sogenannten „Tronco“, ein drei Meter langer hölzerner Fußblock zur Fixierung und Ankettung Versklavter; datiert auf die Zeit des transatlantischen Sklavenhandels zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert. Eine historische Darstellung dieser massiven Fixierplanken findet sich auch noch für die Epoche um 1830 bei Jean-Baptiste Debret (1768-1848), einem langjährig in Brasilien tätigen Lithographen und Zeitzeugen des Sklaverei-Atlantiks.
João Mina und die niederländische Westindien-Compagnie
An der hölzernen Boie repektive Fußfessel konnten seinerzeit mehrere Versklavte gegenüberliegend oder sitzend aneinandergekettet werden. In der New Yorker VN-Ausstellung verbindet diese nun symbolhaft also die Biografien, Schicksale und Verbrechen von zehn Menschen des Sklaverei-Atlantiks beziehungsweise -Indiks. In der Amsterdamer Slavernij-Exposition von 2021 befand sich der Sklaven-Tronco seinerzeit im „João-Mina“-Raum der Ausstellung. Auch João Minas von sklavistischer Gewalt geprägter Lebensweg zwischen der westafrikanischen Goldküste und Brasilien wird am Hauptsitz der Vereinten Nationen vorgestellt. Exemplarisch markiert sein Lebensgang auch die historischen Aktionsräume der niederländischen Kaperkriegs- und Sklavenhandelsgesellschaft WIC; gleichsam auf dem Höhepunkt ihres Expansionsstrebens während der vorübergehenden Besetzung Brasiliens zwischen 1630 und 1654. Ihrem Ausgriff nach Brasilien geht 1624 auch eine Ansetzung von Kolonisten im Nordatlantikraum voraus, im Gebiet des heutigen New Yorks, welcher im kommenden Jahr gedacht wird.
Vortrags- und Begleitprogramm am New Yorker Amtssitz der VN
Die Sklaverei-Ausstellung am New Yorker Amtssitz der Vereinten Nationen eröffnet am 27. Februar und ist bis zum 30. März zu sehen. Sie ist verbunden mit einem umfangreichen Vortrags- und Begleitprogramm, in dessen Rahmen auch die Dokumentation „Nieuw licht: Het Rijksmuseum en de slavernij“ von Ida Does zu sehen sein wird; ein Film über die Entstehung der Slavernij-Ausstellung von 2021 in den Niederlanden. Unterstützt wird die New Yorker Sonderschau unter anderem durch die Niederländische Botschaft in Washington sowie die Ständige Vertretung des Königsreichs bei den Vereinten Nationen.