Forschende mehrerer englischer Universitäten und des Britischen Museums in London haben die wohl ältesten molekularen Rückstände spanischen Weins in Amerika nachweisen können. Die Residuen wurden bei massenspektrometrischen Analysen indigener und kolonialspanischer Keramiken identifiziert.
Archäologische Funde auf der Isla de Mona
Die Wein-Biomarker fanden sich an den Überresten eines Kruges aus spanischer Fertigung, der bei Grabungen auf der Isla de Mona entdeckt worden war, einer nur rund 57 km² großen Insel zwischen Puerto Rico und Hispaniola, dem ältesten Zentrum der spanischen Siedlungskolonisation in Amerika.
Das Gefäß diente offenbar zum Transport von Handelswaren; etwa auch von Oliven beziehungsweise Olivenöl. Die Wissenschaftler unter der Leitung von Lisa Briggs datieren das Behältnis auf die Jahre zwischen 1490 und 1520; und damit in die früheste Phase der spanischen Kolonisation in der Neuen Welt ― kurz vor dem Ausgriff der Spanier nach dem zentralamerikanischen Festland.
Handels- und Austauschbeziehungen zwischen Indigenen und Spaniern
Die Präsenz spanischer Töpferwaren auf der Isla de Mona ― bereits in prä-kolonialer Zeit ein günstig gelegenes Emporium der Taíno-Kultur -, verweisen auf frühzeitig etablierte Handels- und Austauschbeziehungen zwischen Indigenen und Iberern im Bereich der Großen Antillen. Sie stehen insbesondere im Zusammenhang mit dramatischen Versorgungsproblemen der Konquistadoren in ihren hispaniolischen Küsten- und Bergbausiedlungen zu Beginn des 16. Jahrhunderts.
Kolonialspanische Produktionszone für Maniokexport
Auf der Isla de Mona entwickelte sich in diesem Zusammenhang alsbald eine spanisch-kontrollierte Produktionszone für Maniok respektive Cassavabrot ― ein Agrarzentrum von zeitweilig großer Bedeutung für das spanische Kolonialsystem bis an die Küsten Südamerikas; sein vornehmlicher Zweck: die Versorgung von Kolonisten, Soldaten, Versklavten und Seeleuten. Schätzungen zufolge wurden allein zwischen 1511 und 1519 rund 100 t Cassavabrot von der Isla de Mona ausgeführt. Die spanische Krone unterhielt in dieser Phase auch auf dem benachbarten Puerto Rico Versorgungsstationen und extensive landwirtschaftliche Produktionsflächen.
Veränderte Ernährungs- und Produktionsweisen
Jene Handelsinteraktionen nahmen schließlich auch Einfluss auf tradierte indigene Ernährungs- und Produktionsweisen; verstärkt insbesondere im Zuge der Einführung des kolonialen Arbeitspflichtsystems der Encomienda ― etwa nach spanischen Bergbausiedlungen – und der mit diesem Regime einhergehenden Versorgungslogistik.
Indigenes Ritualzentrum zwischen den Großen Antillen
Vor der Ankunft der spanischen Eroberer in der Karibik diente die Isla de Mona jahrhundertelang auch als überregional bedeutender Ritualplatz; dank riesiger, labyrinthartiger Höhlensysteme im Untergrund der dolomit- und kalksteinreichen Karibikinsel. ― Ihre archäologische und speläologische Erforschung dauert an.