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Größte Sklavenauktion der US-Geschichte

Hinweistafel für Sklavenauktionen Hafenviertel Charleston
Hinweistafel an einer ehemaligen Verkaufsstätte für versklavte Afrikaner und Afrikanerinnen in Charleston, Süd-Carolina. Die enge Freifläche neben dem örtlichen Zollhaus im Hafenviertel wurde bis 1856 für Sklavenauktionen genutzt. Bildnachweis: Photo 172296431 | Slave Market Charleston © Meunierd | Dreamstime.com

Zwischen dem 24. und dem 27. Februar 1835 kommt es in Charleston, Süd-Carolina, zur mutmaßlich größten Sklavenhandelsauktion der amerikanischen Geschichte. Insgesamt rund 770 Versklavte werden an diesen Tagen feilgeboten; der größte Teil von ihnen, 600 Menschen, während zweier Tage in einer gesonderten Auktion am 24. und 25. Februar 1835. Fast alle Versklavten können während dieser beiden Tage an den Meistbietenden verhandelt werden.

Geschäftsmäßig eingerückte Auktionsanzeige für 600 Versklavte

Erste Hinweise auf die sklavistische Massenversteigerung fand eine Masterstudentin der Geschichtswissenschaft bereits 2022. Im Rahmen eines Praktikums durchsuchte die Studierende Lauren Davila digitalisierte Lokalzeitungen des Charlestoner Antebellum. Eher zufällig stieß sie dabei auf eine geschäftsmäßig eingerückte Auktionsanzeige im „Charleston Courier“. Weitere Recherchen, unterstützt durch lokale Journalisten und Politaktivisten erwiesen schließlich, dass die Auktionsversklavten aus der Erbmasse zweier Dynastien carolinischer Reisplantageneigner stammten, den untereinander verheirateten Familien Ball und Simon. Innerhalb von nur vier Tagen wurde in ihrem Auftrag die versklavte Arbeitskraft fünf großer Plantagen in Charleston verkauft.

Charleston ― Drehkreuz des atlantischen Versklavungshandels

Charleston gilt neben New Orleans als Zentrum der nordamerikanischen Sklavennegotien, insbesondere des Binnenhandels. Schätzungen zufolge wurden 40 % aller Versklavten für die Märkte Britisch-Amerikas und der späteren Amerikanischen Union über Charleston eingeführt. Den Aufstieg der bereits 1670 gegründeten Hafenstadt zu einem der Drehkreuze des atlantischen Versklavungshandels ist wesentlich auf britische und hugenottische Kaufmannsfamilien zurückzuführen. Bereits im frühen 18. Jahrhundert begannen diese auch mit eigenen Sklavenhandelexpeditionen an die Küsten des heutigen Angola.

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„Jervey, Waring, and White“: Atlantisch-amerikanische Sklavenhändler

Verantwortlich für die Organisation des Massenverkaufs von 1835 indes zeichnete damals ein bedeutender Akteur des regionalen, inländischen Versklavungshandels im amerikanischen Süden: die Charlestoner Firma „Jervey, Waring, and White“. Die Versteigerung der Charlestoner Sklavenhändler dürfte seinerzeit einen ungekannten Menschenauflauf verursacht haben; neben Kaufinteressierten aus Stadt und Land auch zynische Gaffer und Schaulustige. Wie stets waren derlei Auktionen auch Teil größerer Grund- und Plantagenverkäufe, respektive damit verknüpfter Kreditgeschäfte zur Absicherung des Menschenhandels.

Die Charlestoner Sklavensauktion von 1835

Die kühl-gemäßigten Winterwochen des Februars boten aus Sicht der Versklaver besonders günstige Bedingungen für derartige, mit großem logistischen Aufwand betriebene Versteigerungen. Als Verkaufsstätte diente dem Sklavenhandelshaus „Jervey, Waring, and White“ dabei ein kleiner Platz neben dem örtlichen Zoll- und Bürgerhaus ― nahe des Atlantiks. Bereits Tage vor Beginn der Vergantung dürften auswärtige Interessenten in den umliegenden Hotels des Hafen- und Geschäftsviertels von Charleston logiert haben.

Einstiges Hauptkontor in Charlestoner Altstadt

Herkunft und weiteres Schicksal der Versklavten ist weitgehend unbekannt. Das Kontorarchiv der carolinischen Sklavenhändler hat sich nicht erhalten; der Umfang ihrer Versklavungsgeschäfte lässt sich also weder beziffern noch atlantisch-regional nachverfolgen; überdies trennen sich die Compagnons 1840 bereits wieder. Lediglich das einstige Hauptkontor von „Jervey, Waring, and White“ in der Broad Street Nr. 24 steht noch immer; ein unscheinbares, eher bescheiden anmutendes Bürogebäude im touristisch stark frequentierten Altstadtviertel von Charleston; und nur rund 100 Meter von der Auktionsstätte am alten Charlestoner Zoll- und Bürgerhaus entfernt gelegen.

Massenversklavung als Geschäft

Das Handelshaus „Jervey, Waring, and White“ war in der Forschung bereits für große Verkaufsauktionen im amerikanischen Versklavungshandel bekannt; so ist etwa auch eine Versteigerung mit rund 300 versklavten Afrikaner und Afrikanerinnen durch das Unternehmen dokumentiert. ― Als größte Sklavenauktion in den Vereinigten Staaten galt bislang der Verkauf von rund 440 Versklavten im Auftrag eines verschuldeten Plantagenerben. Die Vergantung fand im Jahre 1859 statt und damit nur kurz vor dem Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkrieges. Sie erfolgte seinerzeit auf dem Gelände einer Pferderennbahn nahe Savannah, Georgia.

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