Die östlich von Puerto Rico gelegenen Virgin Islands sind während des gesamten 17. Jahrhunderts erbittert umkämpft. Wegen der unmittelbaren Nähe spanischer Häfen und Festungen gelten die Jungferninseln jahrzehntelang als eine der gefährlichsten Frontierregionen der Karibik. Vermutlich seit der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert dient das Inselgebiet bereits als versteckte Versorgungsbasis für Kaperfahrer oder Schmuggler aus dem nordwestlichen Europa. Die indigene Bevölkerung der Virgin Islands ist zu dieser Zeit schon weitgehend verdrängt oder infolge von Seuchen stark dezimiert.
Kampf um die Virgin Islands im 17. Jahrhundert
Freibeuter, Abenteurer und kleinere Kolonistengruppen aus den Vereinigten Provinzen sind offenbar bereits vor der Gründung der niederländischen Westindien-Compagnie (WIC) 1621 in der Region aktiv. Den Übergang von periodisch genutzten Operationsbasen hin zu festeren Siedlungsstrukturen befördert die WIC vermutlich erst ab den 1630er Jahren. In dieser Zeit legt die WIC auch wesentliche Grundlagen für ein Netz von Stützpunkten und Plantagenkolonien im Bereich Sint Maarten, Anguilla sowie Sint Eustatius und Saba.
Tortola und St. Croix
Die Virgin Islands bilden also gleichsam den nördlichen Arrondierungsraum der WIC in Westindien, mit dem teilweise fortifizierten Tortola im Zentrum. Das von der WIC und ihren Siedlungsunternehmern ebenfalls begehrte St. Croix gelangt 1650 dagegen endgültig unter französische Kontrolle. Der Etablierung der Franzosen waren jahrelange Auseinandersetzungen mit konkurrierenden Kolonistengruppen und spanischen Überfallskommandos vorausgegangen.
Siedlungspatronat auf den Virgin Islands
Das Einflussgebiet der Niederländer im Bereich der Virgin Islands umfasst vornehmlich den östlichen Teil der Inselgruppe, insbesondere also Tortola, Virgin Gorda und Anegada. Zeitweilig lassen sich niederländische Siedlerkontingente auch auf St. Thomas nieder. Die WIC ist versucht, das umkämpfte Inselgebiet in ihr bewährtes System der Siedlungspatronate zu integrieren. Als Letzter dieser privaten Lehnsherren und Siedlungsunternehmer im Gebiet der Virgin Islands gilt der Rotterdamer Kaufmann Willem Hunthum. Er erwirbt 1663 das Patronat über Tortola und seine Nachbarinseln möglicherweise von einem ehemaligen Commandeur der WIC auf Sint Eustatius und dessen Bruder.
Rückzug der WIC von den Virgin Islands
Hunthums Herrschaft über Tortola und seine Nebeninseln endet de facto im Zuge der beiden Seekriege mit England zwischen 1665 und 1674. Zwar gibt es noch 1696 Versuche, niederländische Besitzrechte für Tortola zu reklamieren; doch die Niederlande sind als Machtfaktor in der Karibik inzwischen neutralisiert; das Gebiet der Virgin Islands wird allmählich unter Dänen und Engländern aufgeteilt.
Kreolsprache „Negerhollands“
Ungeachtet des Rückzuges der WIC bleiben niederländische Kolonisten und ihre Nachfahren auch weiterhin auf den Virgin Islands präsent. Gleiches gilt auch für die unter ihren Sklaven verbreitete Kreolsprache „Negerhollands“. Die teils auf seeländischen Dialekten fußende Sprache wird erst im 20. Jahrhundert endgültig durch das englisch-basierte Virgin Islands Creole verdrängt werden.